Handelskrieg und Immobilienmarkt: Risiko oder Chance?
Last Updated on 29 Mai 2025 by Urbanitae
Die Amtsübernahme von Donald Trump im Weißen Haus bedeutete in den ersten Monaten eine geopolitische Erschütterung, wie man sie seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hatte. Seine Ankündigung weltweiter Zollerhebungen löste große Unsicherheit auf den globalen Märkten aus, die befürchteten, dass die seit Jahren bestehende Ordnung von einem Tag auf den anderen aus den Angeln gehoben werden könnte. Die Auswirkungen dieser Entscheidungen wären noch weitaus gravierender gewesen, hätte der amerikanische Präsident nicht – zumindest für 90 Tage – einen Rückzieher gemacht.
Abgesehen von der durch die Ankündigung ausgelösten Panik zeigt ein genauerer Blick, dass die USA stark vom globalen Handel abhängig sind, als eines der weltweit führenden Import- und Exportländer. Was nach Ablauf der von Trump beschlossenen Aussetzung der Zölle geschieht – derzeit steht die Entscheidung eines Bundesgerichts noch aus – ist ungewiss. Verschiedene Branchen versuchen, die möglichen Auswirkungen abzuschätzen und Strategien zu entwickeln, um den erwarteten wirtschaftlichen Folgen entgegenzuwirken.
Dominoeffekt auf dem Immobilienmarkt
Der Handelskonflikt zwischen China und den USA betrifft nicht nur diese beiden Großmächte, sondern das gesamte globale Handelsnetzwerk. Das gilt auch für die betroffenen Branchen: Die Auswirkungen gehen über die direkt involvierten Industrien – wie Automobil, Elektronik oder Pharma – hinaus und betreffen auch strukturell andere Sektoren, darunter den Immobilienmarkt.
Im Immobilienbereich gibt es unterschiedliche Implikationen, die sowohl Investitionen als auch Bautätigkeiten beeinträchtigen können. Einerseits ist es unbestreitbar, dass eine sich verschlechternde Wirtschaftslage negative Folgen für Investitionen hat. In Ländern wie Spanien ist ausländisches Kapital entscheidend in verschiedenen Immobiliensegmenten – vom Wohnungsbau bis hin zu Logistikimmobilien, die von internationalen Fonds gekauft werden. Der Handelskrieg bringt eine globale Unsicherheit mit sich, die Kapitalströme signifikant verändern könnte, falls sich Investoren dafür entscheiden, ihre Investitionen aufzuschieben, bis wieder stabilere Rahmenbedingungen herrschen.
Ein weiteres stark betroffenes Teilsegment ist der Neubau von Wohnraum. Laut dem spanischen Bauverband CNC könnte der Kurswechsel in der US-Handelspolitik Auswirkungen auf die Materialexporte in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro haben. In der Folge würden Bauunternehmen Einbußen erleiden, die Baukosten würden steigen, und die Wohnungsnot in Spaniens Großstädten könnte sich weiter verschärfen.
Schließlich ist auch die Finanzierung als Erwerbsinstrument und Konjunkturmotor zu berücksichtigen. Ein Klima der Unsicherheit kann zu einer restriktiveren Geldpolitik führen, was sich in höheren Finanzierungskosten und einer vorsichtigeren Kreditvergabe der Banken niederschlagen würde – mit der Konsequenz, dass neue Projekte erschwert oder verzögert werden. Da der Immobiliensektor auf große Finanzierungsvolumen angewiesen ist, könnte dies ein Hindernis für seine Entwicklung darstellen.
Reaktion des ausländischen Kapitals
Wenn ein Handelskonflikt ausbricht, neigen Investoren dazu, eine defensive Haltung einzunehmen und bevorzugen risikoarme Anlagen und stabile Märkte. In diesem Sinne könnte die Zolldebatte sogar vorteilhaft für Länder wie Spanien sein, wenn es gelingt, sich als weniger exponierte Alternative zu positionieren. Ein wachsender und renditestarker Immobilienmarkt kann ausländisches Kapital anziehen, wie sich bereits zeigt: Im Jahr 2024 entfielen 14,6 % aller Wohnungsverkäufe in Spanien auf ausländische Käufer – insgesamt 93.000 Transaktionen.
Besonders interessant sind internationale Fonds, die in Logistik-, Hotel- oder Büroimmobilien investieren. Vor diesem Hintergrund ist eine Neugewichtung von Portfolios möglich, bei der Sicherheit und Stabilität Priorität erhalten. Sollte es Spanien gelingen, sich als neues Logistikzentrum Europas zu positionieren, könnte sich bestätigen, dass die Maßnahmen von Donald Trump nicht als Problem, sondern als Chance für den Immobiliensektor zu betrachten sind.
Und jetzt? Mögliche Szenarien
In einem so komplexen Umfeld ist es schwer vorherzusagen, was passieren wird. Tatsächlich liegt zwischen einer Marktopportunität und einem makroökonomisch pessimistischen Szenario nur ein schmaler Grat, der in hohem Maße von den willkürlichen Entscheidungen des US-Präsidenten abhängt.
In einem Negativszenario würde es zu einem anhaltenden Stillstand im Immobiliensektor kommen: wirtschaftliche Abschwächung, sinkender Konsum und Rückgang bei Investitionen, teurere Finanzierungen, Verzögerungen bei Neubauprojekten und weniger ausländisches Kapital. Dieses Szenario dürfte jedoch nicht eintreten, solange Spanien weiterhin zu den bevorzugten Standorten für Investoren in Europa zählt, was Kapitalflüsse sichert und Perspektiven für zukünftiges Wachstum eröffnet.
Das wahrscheinlichere Szenario ist eine Neukonfiguration des Marktes, bei der die anhaltenden politischen Spannungen Unternehmen dazu zwingen, nach neuen Märkten zu suchen und ihre Produktionsketten außerhalb Asiens neu zu organisieren. Denn Spanien hat das Potenzial, eine Alternative auf dem europäischen Markt zu sein, mit einer Wirtschaft, die weniger abhängig von Zöllen ist, Investitionen anziehen und zu einem zentralen Standort für den europäischen Logistiksektor werden kann.