Steuern und Wohnen: ein Hindernis für Immobilieninvestitionen?

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Steuern und Wohnen: ein Hindernis für Immobilieninvestitionen?

Last Updated on 18 Juni 2025 by Urbanitae

Die Besteuerung von Wohnraum in Spanien ist sowohl für Bürger als auch für Investoren zunehmend besorgniserregend, denn die hohe Steuerlast, die den europäischen Durchschnitt weit übersteigt, stellt erhebliche Herausforderungen für den Zugang zu Wohnraum und die Anziehung von Immobilieninvestitionen dar. In einem Kontext, in dem Millionen zusätzlicher Wohnungen gebaut werden müssen, um die Nachfrage zu decken, ist es dringend notwendig, eingehend zu analysieren, wie die derzeitige Steuerpolitik als Hürde für einen zugänglicheren und dynamischeren Markt wirkt – und welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um die Notwendigkeit öffentlicher Einnahmen mit der Förderung von Immobilienfinanzierung und dem Wohnrecht zu vereinbaren.

Spanien gehört zu den Ländern mit der höchsten Besteuerung in Europa

Spanien gehört in Europa zu den Ländern mit der höchsten Steuerbelastung im Wohnungsbereich. Laut dem neuesten Bericht des Instituto de Estudios Económicos (IEE) beträgt die effektive Steuerbelastung auf Wohnraum 30,3 %, was fast das Fünffache des EU-Durchschnitts von 6,5 % ist. Diese Belastung verteilt sich über den gesamten Immobilienzyklus: vom Erwerb und dem Besitz bis hin zum Verkauf oder zur Vermietung.

Laut Luis Garvía, Ökonom und Finanzdoktor an der ICADE, summieren sich „die Steuern auf Kauf und Verkauf (wie ITP oder IVA bei Neubauten), Notarkosten, AJD und die städtische Wertzuwachssteuer (plusvalía municipal) zu einer Gesamtlast, die leicht mehr als 10–15 % des Immobilienwerts betragen kann. Das wirkt nicht nur demotivierend auf den durchschnittlichen Käufer, sondern verzerrt auch Investitionsentscheidungen in Abschwungphasen.“

Außerdem führt laut IEE diese hohe Steuerlast zu verzerrenden Effekten, die sich negativ auf das Angebot, die Investitionen in Wohnraum und den Zugang dazu auswirken, und gefährdet so die Effizienz des spanischen Immobilienmarkts. Hinzu kommen laut Garvía „die rechtliche Unsicherheit durch autonome oder lokale Gesetzesänderungen und die steuerliche Ungewissheit, etwa beim Umgang mit SOCIMIs oder neuen Regelungen wie der ‚Leerstandssteuer‘, die den Sektor als langfristige Finanzanlage weniger attraktiv machen.“

Steuerpolitik bevormundet Investitionen

Darüber hinaus entmutigt die steuerliche Unsicherheit auch Investoren: Einige jüngste Vorschläge im Kongress sehen einen Aufschlag von 100 % auf den Immobilienwert bei Nicht-EU-Bürgern vor, die in Spanien Wohnimmobilien erwerben. In diesem Zusammenhang hat das Registro de Economistas Asesores Fiscales (REAF) kürzlich seine Stellungnahme zu diesem Paket vorgelegt und gewarnt, dass dessen Wirksamkeit begrenzt sei, da es nur einen kleinen Marktbereich betrifft und Käufe von Neubauten oder direkt von Bauträgern ausschließt.

Auswirkungen auf den Zugang zu Wohnraum und Investitionen

Die hohe Steuerlast trifft nicht nur Investoren, sondern auch den „normalen“ Bürger, der sich den Erwerb eines Eigenheims wünscht. Die zusätzlichen Kosten vermindern die Kaufkraft der Familien und verschieben das Auszugsalter, insbesondere bei jungen Menschen. Die Banco de España hat in mehreren Berichten gewarnt, dass der Zugang zu Wohnraum in Spanien zu einem strukturellen Problem wird, sowohl für Kauf als auch Miete.

Für Garvía „bestraft die aktuelle Steuerpolitik proportional stärker junge Menschen und die Mittelschicht“. Er argumentiert, dass der ITP als pauschaler Satz erhoben wird, ohne Progressivität, dass steuerliche Abzüge für den Erstwohnsitz fast vollständig abgeschafft wurden, und dass das Fehlen öffentlich verteilter Sozialwohnungen durch nachfrageorientierte Subventionen ersetzt wurde, „die letztlich die Preise anheizen“. Dies führe zu einem perversen Effekt: „Es wird weniger denen geholfen, die es am dringendsten brauchen, und gleichzeitig wird die intergenerationelle Ungleichheit gefestigt.“

Der Bericht der Banco de España hält fest, dass der Einfluss doppelt wirkt: Einerseits verringern hohe Steuern auf Bau und Übertragung das Angebot, andererseits geben Eigentümer diese Last an Mieter weiter, was zu steigenden Mieten führt. Diese Steuerbelastung verringert deutlich die Renditen von Immobilieninvestments, vor allem bei Projekten für mittlere und niedrige Einkommensschichten, die bereits mit geringen Margen arbeiten. In der Folge konzentrieren sich Bauträger und Investoren zunehmend auf renditestärkere Projekte für zahlungskräftigere Käufer, was das Angebot an bezahlbarem Wohnraum weiter reduziert und Lösungsansätze für die breite Bevölkerung erschwert.

Das Build‑to‑Rent-Modell im Zwiespalt

In diesem Rahmen steht das Build‑to‑Rent-Modell vor einem strukturellen Konflikt, wie Garvía erklärt: „Einerseits möchte man bezahlbares Wohnen fördern, andererseits wird der Bauträger mit IVA, IBI, Körperschaftssteuer und oft Einschränkungen bei Mietanpassungen belastet. Das schmilzt die erwartete Rendite und vermindert die finanzielle Tragfähigkeit, besonders in mittleren Märkten oder bei strenger Regulierung.“

Weitere verschärfende Faktoren

Zur hohen Steuerlast kommen andere Faktoren hinzu, die die Wohnungszugangs¬krise verschärfen, wie die Inflation, die Bau‑ und Materialkosten steigen lässt und damit Neubauten und Renovierungen verteuert. Laut dem jüngsten Bericht des Instituto Nacional de Estadística (INE) stiegen die Preise für freifinanzierten Wohnraum im ersten Quartal 2025 um 12,2 % im Jahresvergleich – der stärkste Anstieg seit 2007. Hinzu kommt die Langsamkeit und Starrheit baurechtlicher Genehmigungsprozesse, die als wirklicher Bremsklotz für neue Wohnprojekte wirken und den Markt daran hindern, sich flexibel an die Nachfrage anzupassen.

In diesem Zusammenhang hat der Consejo General de Economistas (CGE) kürzlich hervorgehoben, dass der Mangel an verfügbaren Grundstücken, gekoppelt mit administrativer Starrheit und rechtlicher Unsicherheit, die Fähigkeit des Sektors, auf die bestehende Nachfrage zu reagieren, massiv einschränkt. Dieses Flaschenhals‑Phänomen beim Angebot sorgt dafür, dass jede Kostensteigerung – etwa bei Steuern – sofort in Preiserhöhungen mündet.

Welche Lösungsansätze gibt es?

Derzeit werden verschiedene Vorschläge diskutiert, um die Belastung zu senken und den Wohnzugang zu erleichtern. Auf der XXVIII. Präsidentenkonferenz am 6. Juni schlug die Zentralregierung vor, die öffentliche Wohnungsfinanzierung bis 2030 auf 7 Milliarden Euro zu verdreifachen, den Status geförderter Wohnungen langfristig zu sichern und eine öffentliche Immobilienpreisdatenbank einzurichten.

Die Opposition fordert ihrerseits eine Senkung der Mehrwertsteuer auf 4 % für Kauf und Sanierung von Wohnungen, leichtere Zugänge zu Bauland für bezahlbaren Wohnraum sowie die Aufhebung des aktuellen Wohnraumgesetzes zugunsten eines investitions- und angebotsfreundlicheren Rahmens.

Wissenschaftlich mahnt das Instituto de Estudios Económicos zur Abschaffung verzerrender Steuern. Es empfiehlt eine völlige Neugestaltung der Steuerstruktur im Immobiliensektor, um einerseits fiskal effizient zu sein und andererseits den Markt nicht zu behindern – und gleichzeitig gerechter zu sein, insbesondere für junge Erstkäufer.

Nicht zuletzt wird die Reform des Flächennutzungsgesetzes (Ley del Suelo) als Hauptforderung genannt, mit dem Ziel, Genehmigungen zu beschleunigen, das Baulandangebot zu erhöhen und Investitionssicherheit für Bauträger zu schaffen.

Luis Garvía plädiert für einen integralen und progressiven Ansatz: „Es ist nötig, Transaktionssteuern für Erstwohnungen und langfristige Mietprojekte zu senken, ein wirklich progressives Steuersystem mit Abzügen abhängig vom relativen Aufwand einzuführen und normative Stabilität zu garantieren, um rückwirkende Steueränderungen zu vermeiden“. Er betont zudem die Relevanz von „Anreizen für Sanierung und Energieeffizienz, nicht nur Neubauten, und von der Finanzierung öffentlichen Wohnraums aus dem Staatshaushalt, statt über indirekte Besteuerung der Käufer.“

International vergleicht Garvía Spanien: „Obwohl Spanien absolut gesehen nicht das teuerste Land ist, ist es weniger vorhersehbar und stärker fragmentiert, mit 17 autonomen Gemeinschaften und zahlreichen Kommunen mit unterschiedlichen Regelungen, was bestimmte Investoren abschreckt“. Als Vorbilder nennt er Deutschland, die Niederlande und Österreich, wo Rechtssicherheit, langfristige Anreize und öffentliche‑private Kooperationen im Wohnbereich kombiniert werden, um effektive Lösungen zu bieten, ohne den Markt zu verzerren.

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diego.gallego@urbanitae.com

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